Signale

Die Vorschläge des Juso-Chefs Kühnert haben eine heftige Reaktion hervorgerufen. Was zunächst als ein Interview daher kam, wurde zu einer riesigen Tsunamiwelle und erfasste Medien, Politik und Gesellschaft. Nur getroffene Hunde bellen, heißt es im Allgemeinen, denn hier ist ein wunder Punkt in der Gesellschaft getroffen worden, der bisher ignoriert wurde. Die Schmerzgrenze ist nämlich längst überschritten und daher ist eine Anregung zur Diskussion richtig und wichtig.

Das Interview des Juso-Vorsitzenden wurde in den Medien falsch interpretiert. Manche meinen auch, mit Absicht ins falsche Licht gerückt. Der Zweck war eine Diskussion anzuregen und endlich mit dem „weiter so“ aufzuhören. Denn tatsächlich nimmt das Ungleichgewicht in der Gesellschaft zu. Ärmere werden ärmer und Reiche werden reicher. Und obwohl diese Schere immer weiter auseinandergeht und das auch durch Datenerhebungen bestätigt wird, ändert sich im Lande nichts.

Was Kühnert ausdrücken wollte ist, dass es viele Menschen gibt, durch deren Arbeit die Reichen ihren Wohlstand mehren können. Warum also kann man diese Leute nicht entsprechend an dem Gewinn teilhaben lassen, so die Überlegung. Wenn er das Beispiel mit der Kollektivierung von BMW vorträgt, dann heißt das nicht, dass gleich morgen der Konzern enteignet wird, sondern dass es eine Diskussion braucht, warum soviel Geld verdient wird und dies so unfair in der Gesellschaft verteilt ist.

An Geld mangelt es nicht, wenn man sich die Ergebnisse der DAX-Unternehmen ansieht. Es werden in Quartalen Milliarden verdient. Und wenn es mal schlecht läuft, man erinnere sich an die Rettung der Holzmänner (Kanzler Schröder) oder Opel (Auftritt Merkel) oder aber auch der Umgang mit der Bankenkrise (GroKo), dann eilt die Politik sofort zur Hilfe. Hier ist der falsche Umgang deutlich zu erkennen, der zum Riss in der Gesellschaft führt. Wo zuvor für Pflege, Bildung und Infrastruktur kein Geld vorhanden war, ist für die Rettung von Unternehmen sofort Milliarden verfügbar und das macht die Menschen wütend.

Während sich noch vor einigen Jahren das Ungleichgewicht in den Randbereichen der Gesellschaft gezeigt hat, ist das nun anders. Durch die Spekulation mit Immobilien haben nun auch Familien mit Einkommen Probleme, bezahlbaren Wohnraum zu bekommen. Durch die endlose Lohndrückerei haben auch Vollzeit arbeitende Menschen nicht ausreichend Geld, um über die Runden zu kommen. Warum ist das so? Weil man dem Markt freie Hand lässt. Der Markt ist jedoch nicht gerecht und er regelt auch nichts von selbst, wie das fälschlicherweise immer wieder behauptet wird. Lässt man den Markt machen, dann gibt es viele Verlierer und wenige Gewinner. Dann haben wir wieder den Fall, dass die Reichen immer reicher werden.

Und die Armen? Und die Mittelschicht? Die hofft auf die Unterstützung der Politik, weil sie merkt, dass sie gegen die Macht der Konzerne (manche sprechen auch vom Kapital), keine Chance hat. Doch die Groko hat keine Ideen. Sie macht weiter wie bisher und solange es irgendwie geht, wurschtelt man sich von Legislaturperiode zu Legislaturperiode. Warum gibt es in Deutschland trotz bester wirtschaftlicher Lage so viele Baustellen, warum sind die Schulen in einem desolaten Zustand, wieso arbeiten so viele Menschen im Niedriglohnsektor, wieso gibt es so viele Zeitverträge. Warum wird seit Jahrzehnten über Umweltschutz und Klimawandel gesprochen und wieso produzieren Unternehmen weiterhin so viel Plastikmüll? Weil die Politik nichts unternimmt.

Lesen Sie den Ausblick!

An dieser Stelle wird häufig ein Fehler gemacht und die Last und Verantwortung auf die kleinen Schultern des Durchschnittsbürgers gelegt. Er solle doch kein Plastik kaufen und dann würde sich das Problem von selbst lösen. Das ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die durch Niedriglöhne (und leider sind das sehr viele) gar nicht die Möglichkeit haben, anders über die Runden zu kommen.

Dass jetzt der Aufschrei nach dem besagten Interview so groß ist, zeigt, dass hier ein wunder Punkt getroffen wurde, der unbedingt Aufmerksamkeit braucht. Es muss sich was verändern. Das heißt nicht, wie das in vielen Kommentaren falsch wiedergegeben wurde, dass alle Betriebe gleich morgen von dem Staat geleitet oder dass Immobilienbesitzer sofort enteignet werden. Doch will man Aufmerksamkeit für ein wichtiges Thema, dann muss man etwas über die Stränge schlagen, was Kühnert tatsächlich gelungen ist.

Früher gab es eine Zeit, da gab es die Soziale Marktwirtschaft. Die soziale Komponente war wichtig geworden, weil man erkannt hatte, dass der Markt ohne entsprechende Regeln zu Ungerechtigkeiten tendiert. Doch dann setzte sich die Globalisierung durch und die Staaten standen im Wettbewerb zueinander, wodurch sich die Politik gezwungen sah, den Konzernen mehr Freiheiten zu gewähren. Diese nutzen diese jedoch um ihre Profitabilität zu steigern, indem sie Löhne senken, Steuern vermeiden und Gewinne steigern. Die Allgemeinheit geht leer aus. Die Profiteure sind die Investoren. Und nun haben die Unternehmen solch eine Größe erreicht, dass die Politik ihnen nichts mehr anhaben kann (und auch nicht will).

Auffallend bei der ganzen Diskussion ist nun, dass diejenigen, die viel besitzen, bzw. denen es gut geht, sofort die vorgebrachten Ideen im Keime ersticken wollen. Wirtschaftsleute sind ja mit der aktuellen Situation zufrieden, sie wollen keine Veränderung. Die Politiker und die Medienleute haben soviel Geld, dass sie ebenfalls von der alltäglichen Problematik nicht viel mitbekommen. Doch genau diejenigen wollen dem Durchschnittsbürger erklären, wie falsch doch solch eine, von Kühnert geforderte, Diskussion über eine Neuausrichtung der Wirtschaft / des Kapitals sei. Und diejenigen, die unter hohen Mieten leiden, mit geringen Löhnen und teuren Lebensbedingungen zu kämpfen haben, die kommen nicht zu Wort oder anders ausgedrückt, denen schenkt man kein Ohr.

Umso wichtiger ist das mediale Echo, das jetzt aufgeflammt ist, denn es zeigt, dass die Wunde schon seit längerer Zeit bestand. Nun wurde der Finger reingelegt, sodass ein Aufschrei durch das Land geht. Anstatt das Interview des Juso-Chefs als Hirngespinst abzutun, denn es geht überhaupt nicht um ihn sondern um die Sache, wäre es eine Gelegenheit, sich konkret mit den Dingen auseinanderzusetzen, die in unserem Land (in der Welt) falsch laufen.

Lesetipp: In dem Buch „Verstehen Sie Geld?“ (hier ansehen) werden die Zusammenhänge anschaulich erklärt. Verstehen Sie, warum die Dinge so sind, wie sie sind. Alles hat seinen Grund.

 

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

start-trading Team

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