An der Börse ist die erste Reaktion häufig mit Vorsicht zu genießen. Da es am Finanzmarkt meist schnell hergeht, fällt eine Entscheidung unter Stress und Zeitknappheit. Viele Marktteilnehmer folgen diesem Schritt, weil sie fürchten, die Kurse könnten ihnen davonlaufen. So geschehen am Freitag Nachmittag. Doch jetzt hatten die Anleger über das Wochenende Zeit nachzudenken. Die zweite Reaktion des Marktes wird entscheidend sein.
Auf die Rede des US-Notenbankchefs Jerome Powell am Freitag Nachmittag haben viele Marktteilnehmer gewartet. Die Spannung entstand dadurch, dass die Anleger Sorge vor der Rücknahme der milliardenschweren Anleihekäufe hatten (Tapering). Ohne dieses Lebenselixier wird es keine Börsenhausse mehr geben. Nun hat der Mann genau das gesagt, dass nämlich Tapering in wenigen Monaten kommen könnte und die Marktreaktion darauf verblüffte.
DAX, Tageschart, Stand 15.851 Punkte
Die positive Reaktion der Börsen auf die Aussagen des Notenbankchefs rühren daher, dass dieser so vage wie möglich geblieben ist. Es wurde kein Zeitplan verkündet und viele Notausgänge offen gehalten. Dies kennt man von der US-Notenbank aus früheren Erklärungen. Sie sagt häufig dann so Dinge wie: wir wollen das machen, aber nur wenn die Wirtschaft läuft, die Arbeitsmarktdaten uns zusagen, Corona nicht dazwischen pfuscht und nennt weitere Bedingungen. Damit hält sie sich alle Möglichkeiten offen, doch kein Tapering durchzuführen bzw. nur ganz sanft, ohne dem Finanzmarkt zu schaden. Daher ist die erste Reaktion der Investoren als Erleichterung zu interpretieren. Für sie, so zumindest ihre Hoffnung, werden die Liquiditätshilfen weitergehen und in der Folge auch die Börsenrallye (mehr erfahren).
Anders als die erste Reaktion des Aktienmarktes vermuten lässt, ist an den Börsen noch kein Sonnenschein eingekehrt. Der Grund: die US-Notenbank hat keinen Einfluss auf die Entwicklung der Inflation. Sofern diese weiter (Preis) Druck ausübt, müssen die Notenbanken reagieren und die Geldflutung stoppen, ob sie das wollen oder nicht. Hier besteht ein gravierendes Risiko für den Aktienmarkt. Erkennt die FED, dass sie zu spät ist, die Inflationsrate in den USA ist schon bei 5,4 %, dann wird sie panisch gegensteuern, dies wiederum wird die Aktienkurse in den Keller führen.
Der DAX kann nach einer zaghaften Woche über der Widerstandslinie bei 15.810 Punkten schließen. Dieser Erfolg spricht zunächst für die Käufer im Markt, die sich weiter steigende Kurse wünschen. Die spannende Frage lautet jedoch, wie nachhaltig dieser Sprung am Freitag Nachmittag zu werten ist. Aus dem Stundenchart des DAX (hier ansehen), besteht ein Widerstandsbereich bei 15.872 Punkten. Oberhalb dieser Kursmarke sind die Aussichten für den deutschen Aktienmarkt positiv.
Anders hingegen, wenn der DAX keine Power oberhalb von 15.810 Punkten entwickeln kann. Kommen die Anleger zu dem Urteil, dass sich trotz der wenig konkreten Worte der US-Notenbank die Aussichten an den Börsen eintrüben, dann werden sich Gewinnmitnahmen durchsetzen. Sollte der Index unter die blaue Linie rutschen, dann sollte dieser Kursrückgang diesmal, und das zur Überraschung vieler Anleger, nicht mehr aufgefangen werden. Der DAX würde dann schnell bis 15.621 Punkte und später bis auf 15.502 Punkte sinken.
Auch wenn zum Wochenschluss scheinbar das Ruder an den Börsen herumgerissen werden konnte, der erste Eindruck ist noch nicht überzeugend. Das Kursplus am Freitag kam voreilig und unter Zeitdruck zustande. Erst die Marktmeinung nach dem Wochenende wird mehr Aussagekraft besitzen. Die Anleger sollten eine Überraschung einplanen.
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Mit freundlichen Grüßen
Ihr
start-trading Team
P.S: Für Neugierige braucht es ein Schulfach Geld (mehr erfahren)