Der Jahresstart an der Börse ist gelungen. Der DAX stieg innerhalb der ersten Woche um satte 600 Punkte. Plötzlich wird die Aktienanlage wieder favorisiert, nachdem Wertpapiere im letzten Jahr gemieden wurden. Anleger sehen Chancen am Aktienmarkt, die sich vornehmlich aus einem einzigen Grund ergeben. Diese einseitige Betrachtungsweise birgt Risiken. Anleger haben sich auf ein riskantes Spiel mit der US-Notenbank FED eingelassen, bei dem es nur einen Sieger geben kann.
Die derzeitige Entwicklung an den Börsen hat etwas Unnatürliches an sich. Obwohl die Leitzinsen höher als in der Vergangenheit stehen und obwohl die Inflation hoch notiert, wollen die Anleger unbedingt Aktien kaufen. Dabei macht ein höheres Zinsniveau Aktien weniger attraktiv und ein hohes Inflationsniveau kostet einen Teil der Kaufkraft der Konsumenten, was wiederum über einen Umweg zum Nachteil von Aktien führt (mehr erfahren). Trotzdem stiegen zu Jahresbeginn die Aktienkurse. Dabei picken sich Anleger die Rosinen aus den vielen Nachrichten heraus und verstärken damit die einseitige Betrachtungsweise. Gefühlt scheint jede Art von Wirtschaftsdaten ein Grund mehr zum Aktienerwerb zu sein, was in der Folge zu einem Kursplus führt. Steigende Kurse geben den Käufern recht.
Obwohl die Aussichten in den USA auf Rezession deuten und die Weltwirtschaft vor einer Abkühlung steht, sollen Aktien plötzlich ein erstrebenswertes Investment sein. Diese Schlussfolgerung passt nicht so recht in den Rahmen, den die Börsen derzeit bieten. Was also ist ein möglicher Grund für den furiosen Jahresstart?
DAX, Tageschart, Stand 14.610 Punkte
Das Spiel, welches hier gespielt wird, basiert auf der Annahme, dass die US-Notenbank bald wieder auf Zinssenkungskurs drehen wird. Im Marktumfeld wird dies mit dem Wort „einknicken“ betitelt. Die Grundlage hierfür ist, dass die FED mit ihren Zinserhöhungen die Wirtschaftsleistung der USA zu sehr drangsaliert und sie diese Gangart nicht lange aufrechterhalten wird.
Hierbei spielt der Rückgang der Inflation den optimistischen Anlegern in die Hände. In den USA ist die Inflation im Dezember 2022 auf 8,6 % gesunken (im Euroraum auf 9,2 %). Diese Werte sind unter den Markterwartungen geblieben, weshalb sich die Anleger in ihrer Haltung bestätigt fühlen, dass die Leizinsen ihren Zenit erreicht haben müssten. Man wähnt sich sicher, dass die FED ihre bisherige Gelpolitik der Leitzinserhöhungen nicht fortsetzen wird.
Diese Wette steht jedoch auf wackligen Beinen, denn gerade versuchen die Staaten auf der Erde die explodierenden Energiepreise für ihre Bürger abzufedern. Sie drücken die Preise für Energie künstlich, was natürlich die Inflationsrate zurückgehen lässt. Betrachtet man die Kerninflation, das ist der Wert ohne Nahrung und Energie, dann ist von nachlassendem Teuerungsdruck nichts zu sehen. Aus diesem Grund spielen die Anleger mit dem Feuer, denn sobald die Hilfen der Staaten auslaufen, müsste wieder Inflationsdruck aufkommen (es sei denn, die Energiepreise fielen in der Zwischenzeit).
Der Blick auf das obige Chartbild zeigt einen stark ansteigenden DAX, der zum Wochenschluss auch den Widerstandsbereich bei 14.520 Punkten überwinden kann. Dieser hitzige Anstieg ist vornehmlich technisch bedingt: Anleger, die auf fallende Kurse gesetzt haben, sind in Not und Anleger an der Seitenlinie beeilen sich in den Markt zu kommen, sodass die Kurse ansteigen, ohne dass sich die Börsensituation fundamental verändert hat.
In der neuen Woche geht es nun darum, dieses starke Plus zum Jahresstart auszutarieren. Auf der Oberseite befindet sich ein kleiner Widerstand bei 14.620 Punkten. Zwischen den Marken von 14.520 Punkten und 14.826 Punkten (lila Linie) kann der Index sein Kursplus ausbalancieren und den (Kauf)Druck abbauen. Im Laufe der Woche sollte der Index unter die Marke von 14.520 Punkten rutschen, was eine Korrekturbewegung zur Folge hätte. Das Kursziel hierfür liegt bei 14.170 Punkten.
Die derzeitige Rallye besitzt eine besondere Dynamik. Als wollten die Anleger die Muskeln spielen lassen und es der US-Notenbank FED mal so richtig zeigen, geben sie alles und schieben die Kurse nach Norden. Sie wetten darauf, dass die FED ihrem (gewünschten) Pfad folgen und in der Zukunft die Leitzinsen wieder senken wird, was zum Vorteil des Aktienmarktes interpretiert wird. Die FED wird sich diesem Druck nicht beugen wollen, was die Brisanz der derzeitigen Lage verdeutlicht. Anleger vergessen, dass die FED meist den längeren Atem hat und dann wäre die euphorische Rallye zum Jahresstart schnell Makulatur.
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Mit freundlichen Grüßen
Ihr
start-trading Team
P.S: Wie wirken sich höhere Kreditzinsen aus? (mehr erfahren)