Mit Spannung wurde am gestrigen Tag die Rede des Chefs der US-Notenbank FED erwartet. Anleger hatten sich wieder etwas über „Dis-Inflation“ und andere hoffnungsbeladene Buzz-Wörter gewünscht. Es kam anders. Die Aktienkurse gingen in den Sinkflug über. Der DAX musste die Tagesgewinne wieder hergeben. Anleger werden nun wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Der wichtige Aufwärtstrend kommt jetzt wieder in Bedrängnis.
In einem früheren Artikel „DAX: Die Inflation war nie weg“ wurde auf die aktuelle Geldpolitik eingegangen. Besonders die Inflationsthematik beschäftigt die Marktteilnehmer seit einigen Monaten. Immer mit dem Wunsch, sie würde für ewig verschwinden, wurden Aktienkurse dadurch angetrieben und Indizes auf neue Verlaufshochs geschoben. Nur gab es für diese Hoffnungsrallye keinen Grund, weil die Inflation 7 Schritte vorausging und dann 2 Schritte nachgab. Diese 2 Schritte zurück haben die Anleger entzückt (und die 5 Schritte nach vorne vergessen lassen).
DAX, Tageschart, Stand 15.611 Punkte
Mit der gestrigen Rede des FED-Chefs Powell wurde nun unmissverständlich klargestellt, dass der Kampf gegen die Inflation noch ein weiter Weg ist und dass die bisher angenommenen Zielwerte für die Höhe der US-Leitzinsen zu gering seien und wohl angehoben werden müssen. Damit ist im Finanzumfeld von einem baldigen Ende der Zinserhöhungen keine Rede mehr. Bei der EZB ist die Lage noch schwieriger, da sie mit ihren Leitzinsanhebungen zu spät angefangen hat und stärker auf das Zins-Gaspedal drücken muss.
Wie auch immer die Anleger an der Börse sich die Welt schönreden wollen, Inflation kostet immer Kaufkraft. Im ersten Moment kommt die Inflation durch die Hintertür und überrascht Hersteller und Konsumenten. In dieser Zeit haben die Hersteller gute Karten und heben die Preise an (manche auch mehr als nötig) und die Konsumenten bezahlen die neuen Preise (weil der Einschnitt noch frisch ist). Doch höhere Beträge bei den Ausgaben haben Folgen: Entweder hat der Konsument dann weniger Geld für andere Waren zur Verfügung oder er kaschiert den Effekt, indem er zunächst auf sein Erspartes zurückgreift. Dies erklärt, warum die Unternehmen trotz hoher Inflation zunächst noch ordentliche Gewinne einfahren können. Doch diese Phase ist nicht von Dauer, weil das Ersparte aufgebraucht sein wird bzw. die Konsumenten sich vorausschauend einschränken.
Von nachlassender Inflation ist im Alltag nichts zu spüren, wie die Preise für z.B. Lebensmittel zeigen. Und da Beschäftigte gerade mehr Geld fordern ist jetzt bereits klar, dass die höheren Personalkosten in die Preiskalkulation der Unternehmen einfließen werden, und dadurch wird der Preisdruck für Waren und Dienstleistungen nicht nachlassen. Mehr zum Thema Geld und Inflation finden Sie in unserem Buchtipp (mehr erfahren).
Der DAX führt die Anleger an der Nase herum. Kürzlich hat er seinen langen Aufwärtstrend, beginnend aus Oktober 2022, gebrochen und völlig überraschend diesen Schaden wieder ungeschehen gemacht. Doch dieser kurzzeitige Erfolg steht mit dem gestrigen Kursrückgang wieder zur Disposition. Wieder rückt der DAX an den Kursbereich bei 15.480-15.500 Punkte heran. Noch ist ein Bruch des Aufwärtstrends nicht passiert, sodass Beobachter erst einen Tagesschlusskurs abwarten sollten. Ohne solch einen Bruch kann der Index noch einen neuen Versuch in Richtung neues Verlaufshoch unternehmen.
Notierungen unter 15.480 Punkte sollten ein Ende der aktuellen Rallye bescheinigen und vermehrt Anleger zu Gewinnmitnahmen tendieren lassen. Dabei sollte der Index in Richtung 15.330 Punkte zurückfallen. Solange der DAX oberhalb von 15.300 Punkten verbleibt, kann der Index in der Spanne 15.330 – 15.500 Punkte verweilen. Fällt der Index auch unter 15.300 Punkte, dann rückt das nächste Kursziel bei 15.090 Punkten in den Fokus der Anleger und der DAX vergrößert den Abstand zu seinem bisherigen Jahreshoch.
Die Aussagen von FED-Chef Powell und auch EZB-Chefin Lagarde zeigen deutlich, dass der Kampf gegen die Inflation noch ein langer Weg ist und dass der Preisdruck keineswegs abgenommen hat (wie sich im Alltag zeigt). Damit werden die Anleger wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Nun gilt es zu wählen, ob auf diesem Kursniveau Gewinne realisiert oder weiter die Daumen gedrückt werden sollten.
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