Die Börsenwelt macht sich die Kurse, so wie sie will. Der DAX erreicht ein neues Allzeithoch. Ein Rekordstand jagt den nächsten, während gleichzeitig Börsengrundsätze außer Kraft gesetzt werden. Trotzdem geben sich die Anleger weiterhin zuversichtlich. Diese Mischung aus Euphorie, Ignoranz und Gier lässt die aktuellen Kurse wie aus dem Bild gefallen wirken. Das reale Umfeld passt nicht zu der Bewertung der Aktien.
Viel wird derzeit über Leitzinsen diskutiert. Zum Beispiel ist ein hohes Zinsniveau schlecht für das Aktienumfeld. Sie erhöht die Finanzierungskosten der Unternehmen und lässt die Gewinne in der Zukunft kleiner werden. Aktien sind dadurch weniger attraktiv und andere Anlagemöglichkeiten gewinnen an Attraktivität (Kapital fließt vom Aktienmarkt ab). Und obwohl dieser Zusammenhang unbestritten ist, hat der DAX im Jahre 2021 bei Nullzinsen bei ca. 16.200 Punkten notiert und nun bei Leizinsen von 4,25 % in der Eurozone ist der Index erneut an dieser Stelle. Verkehrte Welt!
DAX, Tageschart, Stand 16.649 Punkte
Gleiches Bild findet sich bei der konjunkturellen Betrachtung. Deutschland befand sich bereits in einer technischen Rezession (zwei Quartale hintereinander Minuswachstum), doch das interessiert den DAX und die Anleger nicht. In der Eurozone sieht es nicht besser aus. Da stagniert das Wirtschaftswachstum, wie der Blick auf die letzten Quartale zeigt. Woher die Euphorie der Anleger kommt, ist unbekannt. Zuletzt wurden überraschend gute BIP-Zahlen aus den USA gemeldet, die die Anlegerstimmung elektrisierte. Diese waren so überraschend gut, dass man an der Glaubhaftigkeit zweifeln muss. Auch in den USA sind höhere Zinsen und Inflation konjunkturhemmend, dennoch drängen auch dort die Anleger weiter in den Aktienmarkt. Verkehrte Welt!
Der DAX hat den Kreuzwiderstand bei 16.290 Punkten überspringen können. Damit hat sich der Index Freiraum bis in den Bereich bei 16.550/16.600 Punkten verschafft. Nach einem positiven Wochenstart sollte der Anstieg aus der letzten Woche etwas korrigiert werden. Vor allem wird es um einen Rücklauf an die blaue Linie bei 16.290 Punkten gehen. An dieser Stelle sollten wieder Käufer warten, die den Index dann antreiben sollten. Fällt der Index wieder unter 16.290 Punkte, dann ist die Rallye zu hinterfragen.
Im Moment kennt die Euphorie an den Aktienmärten keine Grenzen. Sie äußert sich nicht wie üblich in immer höheren Kursprognosen für Aktien und Branchen, sondern man ignoriert negative Einflüsse auf die Börse. Man hofft zum Beispiel, dass die Leitzinsen bald sinken werden, dass die Inflation kein Problem darstellt oder das eine Rezession ausbleiben wird. All das passiert in den Köpfen der Anleger, die nur die Rekordstände vom DAX sehen. Und wie das an der Börse ist: steigende Kurse führen zu Kursgewinnen, lenken das Interesse von neuen Anlegern auf den Aktienmarkt, die dann Aktien kaufen und für Nachfrage sorgen, was wiederum die Kurse steigen lässt.
Anleger machen einen riskanten Fehler, wenn sie das derzeitige Umfeld als paradiesisch erachten. Dabei ist das Wort Fehler nicht ganz richtig, denn das Ziel der Marktteilnehmer sind Kursgewinne und solange diese augenscheinlich erzielt werden, ist die Börsenwelt in Ordnung. Man muss daher anders formulieren und von einer äußerst riskanten Situation sprechen.
Was den Marktteilnehmern aus dem Blick geraten ist, ist die zeitliche Verzögerung von Leitzinsanhebungen. Es braucht ca. 9 – 12 Monate bis diese ihre Wirkung in der Wirtschaft entfaltet. Das bedeutet, dass all die schnellen Zinsanhebungen der Zentralbanken in den letzten Quartalen erst in den kommenden Monaten wirklich sichtbar werden. Anleger tun gut daran, die Wirkung von hohen Zinsen für das Aktienumfeld nicht zu unterschätzen.
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Mit freundlichen Grüßen
Ihr
start-trading Team
P.S.: Wie weit steigt der DAX? (mehr erfahren)