Die Marktteilnehmer trauen dieser verzweifelten Rallye weiterhin nicht. Je mehr der DAX zulegt, umso lauter werden die Argumente vorgetragen, warum dieser Anstieg auf unsicheren Füßen steht. Für den Moment zählt jedoch einzig und allein das Kursplus, was seit dem letzten Tief bereits 800 Punkte ausmacht. Krieg, Inflation und Energiekrise können die Rallye nicht bremsen. Dieser Börsenzustand ist durch eine Sondersituation des Marktes hervorgerufen.
Die meisten Menschen glauben, dass an der Börse steigende und fallende Kurse die gleichen Chancen haben. Ein Anleger müsse sich nur für die richtige Seite entscheiden. Was bei einem Münzwurf (Kopf oder Zahl) stimmt, nämlich dass die Chancen 50/50 betragen, ist am Aktienmarkt anders. Derjenige der auf steigende Kurse tippt und Aktien kauft, der kann maximal seinen Einsatz verlieren. Fällt der Aktienkurs auf Null Euro, dann ist die Spekulation beendet und das Geld ist weg. Der Anleger weiß demnach, was er maximal verlieren kann.
DAX, Tageschart, Stand 13.450 Punkte
Anders hingegen bei einer Wette auf fallende Kurse. Hier ist das Verlustrisiko unendlich. Die Markteilnehmer leihen sich Aktien, um sie zuerst teuer zu verkaufen (-1) und später dann auf tieferem Niveau zurückzukaufen (+1). Um dieses Zurückkaufen geht es gerade.
Sind die Wetten auf sinkende Notierungen getan und der Markt fällt nicht dann kommt Unruhe auf. Die Marktgruppe, die Shortseller und Leerverkäufer genannt werden, sehen nun das Risiko, wie ihre Verluste zunehmen. Sie müssen sich entscheiden, wann sie die offenen Positionen wieder schließen, indem sie Aktien zurückkaufen. Da auch die anderen Marktteilnehmer über die Schieflage (zu viele sind gleichzeitig Short) im Markt wissen, können diese nun einen Marktmechanismus in Gang setzen, der an der Börse Short-Squeeze genannt wird.
Schaffen die Marktteilnehmer die Aktienkurse zum Anstieg zu bewegen, dann steigen die Verluste bei den Shortsellern / Leerverkäufern und nun beginnen die Sorgen. Diese Gruppe beeilt sich Aktien zu kaufen, um diese den Eigentümern zurückgeben zu können. Vor allem jedoch will sie das Minus nicht ausufern lassen. Je mehr Anleger nun in Panik geraten, umso stärker steigen die Kurse. Steigt der DAX, erfreut das auch die Marktteilnehmer, die auf steigende Kurse spekulieren. Diese werden optimistischer und kaufen mehr Wertpapiere. Diese Entwicklung wird immer hitziger, da die Shortseller nun ungebremst Aktien kaufen. Der Squeeze beginnt, die Rallye nimmt ihren Lauf und der Anstieg beschleunigt sich.
Der DAX hat die rote Linie zu Wochenbeginn überspringen können, wie der Blick auf das obige Chartbild zeigt. Damit ergibt sich Anstiegspotenzial bis in den Bereich bei 13.560 Punkten. Diese Möglichkeit muss der Index nicht ausnutzen, da er schon sehr überkauft ist. Im Grunde ist eine Abkühlung naheliegend, doch die markttechnischen Sondersituation verhindert hier eine normale Börsenentwicklung.
Entweder erreicht der DAX zuerst die 13.560 Punkte Marke und beginnt dann zu sinken oder aber der Index fällt, ohne den Ausflug zu 13.560 Punkten, unter die Marke bei 13.775 Punkte zurück. Dann wären nachgebende Notierungen zu favorisieren. Zumindest bis in den Bereich bei 13.130 Punkten, wären sinkende Notierungen sinnvoll, doch die Marktsituation ist schwierig.
Stellen Sie sich zu dieser hitzigen Ausgangslage noch zusätzlich vor, dass am Freitag großer Verfallstag ist. Marktteilnehmer haben anderen Marktteilnehmern Wertpapiere versprochen (Termingeschäfte), bei denen sie nun Aktien liefern müssen. Da der DAX nun viel zu schnell ansteigt, versuchen einige nicht bis zum Freitag zu warten, sondern zuvor ihre Stücke zu erwerben. Es kommt zu starken Wertpapierkäufen, bei der sich viele Anleger um die begehrten Wertpapiere reißen. Sie befeuern somit den Kursanstieg und verhindern Abkühlungen. Die verzweifelte Rallye geht weiter.
Diese Sondersituation am Aktienmarkt, dass zu viele zu einseitig positioniert sind, plus der Hexensabbat am Freitag hat die Börsenkurse außer Rand und Band geraten lassen, weshalb der DAX trotz aller schwieriger Rahmenbedingungen trotzdem stark steigen kann. Aber diese Sondersituation ist nicht endlos. Irgendwann haben alle ihre Geschäfte erledigt, sodass dann wieder Normalität einkehren sollte, spätestens am Freitag. Oder eine Meldung, die auf größeres Interesse stößt, könnte diesen Teufelskreis unterbinden, z.B. Inflationsdaten aus den USA heute Nachmittag.
Wir verfolgen den DAX-Verlauf und veröffentlichen neue Einschätzungen. Lassen Sie sich informieren. Nutzen Sie unseren Newsletter (hier eintragen).
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
start-trading Team
P.S: Ihre Fragen zum Thema Geld (mehr erfahren)